Vom Strand über Seen und Vulkane ins windige Wellington

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Die letzten Wochen im alten Jahr

Die heimischen Pohutukawa-Bäume versüßten uns die Weihnachtszeit mit ihren intensiv rot leuchtenden Blüten. Nicht umsonst werden sie als Weihnachtsbaum Neuseelands bezeichnet. Auf einmal waren auch die Supermärkte voll mit tobenden und fordernden Kindern, ach so Ferien! Über Gisborne, Mahia und das schöne Örtchen Napier schlängelten wir uns nach Süden an der Hawke Bay entlang. Immer wieder erblickten wir auf unseren Fahrten durch das Land die massiven Spuren der Holzindustrie. Nadelbäume in allen Stadien des Wachstums übersäten jegliche Hänge und Ebenen. Von ganz frisch gepflanzten bis ausgewachsenen Bäumen hin zu wüst abgeholzten Flächen war alles dabei. Auf den Straßen begegneten uns die großen Trucks voller Baumstämme. In Napier konnten wir uns vom Aussichtspunkt aus ein Bild über die Dimensionen des Exportschlagers im Hafen machen.

Vom Salzwasser zog es uns nun zu den schönen Süßwasservorkommen des Landes. Der Lake Taupo war wirklich traumhaft schön mit glasklarem kühlen Wasser und dem Mt. Ruapehu im Hintergrund. Der mit 2797 Metern höchste Vulkan Neuseelands ist gleichzeitig höchster Punkt der Nordinsel und war immer noch mit etwas Schnee bedeckt. Wir gönnten uns eine Pause am See und verbrannten uns fast die Füße, als wir diese in eine unscheinbare Pfütze am Ufer tauchten. Auch hier gab es also heißes Thermalwasser. Ein paar Meter weiter drüben merkte man davon schon nichts mehr. Den Nachmittag nutzten wir, um die nähere Umgebung mit den blau-weißen Huka-Falls zu erkunden. Ein klassischer Wasserfall war das nicht, eher ein reißender Strom, der sich durch eine von Felswänden verengte Schlucht quetschte und zum Schluss über eine hohe Felsenklippe schnellte. Wunderschön. Wieder einmal waren sehr viele Touristen unterwegs, die allermeisten in ausgeliehenen oder eigenen Campern oder Wohnmobilen, Backpacker oft in kleineren Vans oder Autos. Neben River Rafting und Bungee Jumping gab es auch Yet Boat Touren und vieles vieles mehr. Nachdem wir uns am nächsten Morgen die Öffnung des Stausees an den Aratiatia Rapids angeschaut hatten, bauten wir zum ersten Mal unser eigenes Bötchen auf und schipperten damit bei feinstem Sonnenschein über den See.

Das faltbare Kayak hatten wir aus Deutschland mitgebracht und benötigten ungefähr eine halbe Stunde für den Aufbau. Die vierteiligen Paddel hatten ebenso im Gepäck Platz gefunden. Wir ruderten hinaus, durch klares Wasser an verschiedenen Buchten entlang. Der Ausblick auf einen prinzipiell aktiven Vulkan war definitiv etwas Besonderes. Nach einer guten Stunde waren wir auch schon bei den Māori Rock Carvings. Die beeindruckend große Felseinritzung zeigte die typischen Muster und Formen der Māori. Mehrere geführte Touren drängten sich mit vielen Kayaks, einem Segel- oder einem Motorboot vor dem Felsen. Wir legten kurz in einer süßen Bucht an und genossen das kalte Nass. Dann ging es zurück. Wieder auf der Wiese angekommen, konnten wir unser Kayak noch in der warmen Sonne trocknen, bevor wir alles in einer weiteren halben Stunde wieder zusammenpackten. Bis es dunkel wurde, fuhren wir noch zum Tongarironationalpark, wo es, wie es heißt, eine der schönsten Tageswanderungen Neuseelands zu machen gibt. Ein gut organisiertes Kiwi Camp fanden wir nicht weit vom Startpunkt der Wanderung entfernt. Schnell packten wir den Rucksack für den nächsten Tag zusammen und holten die Wanderschuhe heraus. Denn am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 5:30 Uhr. Wir hatten uns dazu entschieden, uns den überteuerten Shuttlebus vom Endpunkt der Wanderung zurück zum Auto zu sparen und bis zum Red Crater hinauf und den gleichen Weg zurück zu gehen. Der einzige Haken an der Sache war die begrenzte Parkzeit auf dem Parkplatz am Startpunkt der Wanderung (was sicher kein Zufall ist). Das Limit war also gesetzt, wir hatten vier Stunden Zeit, um zum höchsten Punkt und schönsten Ausblick der Wanderung und wieder zurück zu kommen.

Als wir Freddys Motor abstellten, war alles bereit. Wir hüpften also nur aus dem Auto und liefen los. Nein, es war eher ein schneller Stechschritt, den wir draufhatten. Vor allem die geraden Strecken wollten wir nutzen, um Zeit zu sparen. Das ging die erste Stunde noch recht gut, doch dann kamen die Stufen. Wir ließen nicht nach, überholten andere Wanderer und bekamen mit der Zeit rote Köpfe und nasse Hemden. Deborah, die bergauf besser drauf war, nahm den Rucksack hochzus, Sven, der sich bergab wiederum sicherer bewegte, setzte ihn runterzus auf. Nach etlichen Stufen und steilen Anstiegen kam auf einmal eine lange Gerade. Der düstere Schicksalsberg aus „Herr der Ringe“ war nun direkt neben uns. Man konnte sich sehr gut vorstellen, dass dieser Vulkan schnell mal aktiv werden konnte. Als es dann weiter nach oben ging, war es bei uns vorbei. Die lange gerade Strecke hatte uns irgendwie den Rest gegeben. Ziemlich langsam arbeiteten wir uns nun durch das lose Geröll und feierten trotz allem die Tatsache, dass wir es in der Zeit irgendwie schaffen könnten. Zumindest mussten wir nicht wieder umdrehen, ohne über den Kraterrand geschaut zu haben. Nur noch wenige Meter trennten uns vom höchsten Punkt der Wanderung, dann hatten wir endlich freien Blick über den Rand und staunten über die Welt, die sich vor uns ausbreitete. Die blau und grün schimmernden Emerald-Lakes, die freie Weite, schroffes Vulkangestein und lange Geröllpfade vereinten sich zu einem beeindruckenden Bild. Keine Wolke versperrte die Sicht, nur kleine weisse Wölkchen nebelten an manchen Stellen warm und feucht aus dem Berg. Wir gönnten uns die mitgebrachten Snacks und hielten einen Moment inne. Dann stand auch schon der Rückweg an. Also alles wieder runter, am besten schnell. Die entgegen kommenden Wandersleute schauten uns ungläubig an, weil wir die Pfade herunter oft joggten und wie richtige Trailrunner aussehen mussten. Aber auch weil sonst niemand in diese Richtung ging. Wir hatten deutlich weniger als die Hälfte der Zeit für den Rückweg eingeplant, das war knapp bemessen. Hetzend und joggend kamen wir schließlich mit 20 Minuten Verspätung am Parkplatz an, nur um den Sicherheitsmann und zwei weitere Arbeiter mit Warnweste im Halbschlaf vorzufinden. Kein Mensch interessierte sich hier für unser Auto und wie lang wir dort standen. Wir waren fast ein bisschen enttäuscht, obwohl wir uns natürlich hätten freuen müssen, dass niemand die Parklimits so genau nahm. Nach unseren 16 Kilometern mit 800 Höhenmetern hoch und wieder runter war noch nichtmal Mitte des Tages. Der ausgiebige Nap nach einer improvisierten Dusche vom warmen Wasserhahn am Kiwi Camp tat besonders gut.

Weihnachten verbrachten wir am Paraparaumu Beach und in Whanganui, einem kleinen schönen Städtchen an der Südküste. Deborah probierte sich am klassischen Christmas Ham, der mit Honig und Aprikose verfeinert wurde. Der feierliche Happen ähnelte dem deutschen Kassler ein wenig, doch unser Favorit würde er wohl nicht werden. Gegenseitig schenkten wir uns nur essbares, was großen Genuss bot, aber auch schnell wieder verschwand und keinen Platz wegnahm. Nach ein paar entspannten Tagen näherten wir uns dann über schöne Freecamps der Hauptstadt Wellington immer näher an. Meist standen wir am Wasser oder im Grünen. Bei Regenwetter war unser Freddy genau richtig, um auch mal etwas Zeit zu überbrücken, zum Beispiel beim Brownie in der Pfanne backen, Karten spielen oder den folgenden Stop planen. Den nächsten Sonnenschein nutzten wir, um uns die bunten Holzhäuser der Titahi Bay anzuschauen. Dann erklommen wir den Colonial Knob, eine Wanderung mit vielen Stufen und über grüne Kuhweiden. Wellington und die Südinsel erspähten wir schon mal von oben.

Die Hauptstadt Wellington gefiel uns durch ihre Lage in der weitläufigen Bucht sehr gut. Man war eigentlich immer am Wasser oder hatte Sicht auf das Meer. Nur war es genau so windig, wie man es immer gehört hat – windy Welly eben. Leider gab es keine ausreichenden Plätze auf Freecamps, da sozusagen alle Reisenden und Urlauber mindestens einmal durch die Stadt mussten, um mit der Fähre die Inseln zu tauschen. So auch wir. Irgendwie wurde trotzdem immer gerade dann eine Parklücke frei, wenn wir sie brauchten. Sonst war alles knackevoll auf den erlaubten Parkplätzen zum Übernachten. Reihenweise Autos standen schon an und warteten darauf, dass endlich jemand wegfuhr. Aber wer einmal stand, der stand. So auch wir. Der Wind schüttelte unseren Freddy ordentlich durch und uns gleich mit, ziemlich ungemütlich. Vom Parkplatz konnte man gut in die Stadt kommen, mit Taxi, Roller oder einfach laufen. So auch wir.

Glücklicherweise hatten wir noch ein paar Tage Zeit, bevor wir an Bord gingen, sodass wir uns die Stadt und auch die Umgebung im Südosten noch anschauen konnten. Das riesige Te Papa-Museum in der Innenstadt war sogar kostenfrei und unglaublich detailliert hergerichtet. Gerade für Kinder gab es sehr viel zu entdecken. Auch das Wellington Museum nahmen wir mit. In der Innenstadt konnte man den „Beehive“ neben dem Parlamentsgebäude nicht übersehen, ein markantes bienenstockförmiges Bürogebäude der Minister. Und die rote Seilbahn des Botanischen Gartens ist wohl auch weitläufig bekannt. Beim Astronomiemuseum war ein Stand, wo wir durch ein spezielles Teleskop Sonnenstürme sehen konnten, ziemlich beeindruckend. Und für Silvester mochten wir es immer, in einer größeren Stadt zu sein, da landesweit das private Böllern ja glücklicherweise verboten ist und man so wenigstens das Stadtfeuerwerk zum Jahreswechsel anschauen konnte. Um eine kleine Lagune in der Innenstadt war ein tolles Ambiente mit bunten Lichtern und Livemusik. Das Orchester von Wellington spielte bekannte Filmmusik bis zum Countdown zum neuen Jahr. Alle zählten mit herunter, bevor sie sich in den Armen lagen und beglückwünschten. Jetzt trafen wir auch das deutsche Pärchen wieder, was wir am Freecamp kennengelernt hatten und gingen mit ihnen noch ein frisch Gezapftes im lauten Irish Pub trinken.

Ein neues Jahr lag nun vor uns. Ein weiteres Jahr voller Pläne und Möglichkeiten. Jeden einzelnen Tag können wir selbst gestalten – was für ein Luxus. Wir hoffen sehr, dass uns diese Freiheit noch lang erhalten bleibt.

Der nächste Bericht erzählt dann von Robben und Leuchttürmen, schwarzen Stränden und Sandfliegen.

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Wieder interessant! Wellington ist ja scheinbar kleiner als Chemnitz!
    Vermisst ihr eigentlich die Geländegängigkeit der Tilly oder ist das in Neuseeland kein Problem?

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    • Wellington ist kleiner, aber viel schöner ☺️ gerade an der Bucht sehr toll gelegen.

      Im Gelände fahren vermissen wir schon, allerdings hat man hier in Neuseeland dazu kaum Möglichkeiten. Es gibt generell nicht viele Wege, die einfach mal so in die Natur führen, eben weil alles so dicht wuchert und dann immer regelmäßig genutzt werden müsste oder weil es für die Landwirtschaft und Viehhaltung eingezäunt ist. So haben wir hier insgesamt vielleicht bisher erst zwei drei Mal gedacht, wenn wir jetzt die Tilly hätten, könnten wir hier schön reinhacken. Aber das ist echt nicht viel…

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