Nochmal zu Besuch in Australien
Der Abschied von Neuseeland und unserem lieb gewonnenen Freddy war nicht leicht. Das Leben im Van gestaltete sich als zu schön, um nicht etwas traurig zu sein, es aufgeben zu müssen. Auch war Freddy uns ein treuer und gemütlicher Reisepartner mit viel Platz und ausreichend Komfort. Gegen Ende der sechs Monate mussten wir ihn dennoch verkaufen und verbrachten im Mai einige Wochen in Auckland für diesen Zweck. Einige Einheimische waren interessiert und ließen den Wagen in der Werkstatt durchchecken. Allerdings überlegten sie es sich nach einiger Zeit stets anders und wir hatten das Gefühl, sie wussten gar nicht so richtig, wonach sie suchten. Das war für uns etwas vergebene Liebesmüh. Drei Tage vor unserem Abflug nach Australien hatten wir immer noch keine Käufer. Wir stellten uns schon darauf ein, nochmal zurück nach Neuseeland kommen zu müssen, nur um das Auto zu verkaufen. Eine Garage für die zwischenzeitliche Standzeit hatten wir schon angefragt. So konnten wir unser Glück kaum fassen, als zwei Tage vor unserem Abflug plötzlich ein junges Pärchen das Auto noch sehen wollte und nach ein paar Stunden feststand, dass sie unseren Freddy kaufen würden. Wir waren so erleichtert!
Natürlich freuten wir uns dann trotzdem sehr, wieder nach Australien zu kommen und unsere Tilly nach 14 Monaten in der Garage auf der Kartoffelfarm bei Ballarat wieder auszumotten. Die Wiedersehensfreude bekam allerdings einen kleinen Dämpfer, als wir uns dem Auto näherten und neben reichlich Spinnweben und Staub auch ganze Autobahnen an Mäuse- und Rattenkot entdeckten. Der Farmer hatte uns schon vorgewarnt, denn als sie einen Traktor aus der gleichen Garage holen wollten, sah sein Sohn nur ein Stück Tachentuch hinter Tillys Windschutzscheibe herumflitzen, wo ein Nager dranhing. Unsere Befürchtungen sind also wahr geworden, mindestens eine Ratte hat es ins Auto geschafft und sich ein schönes Leben in dem bunten Allerlei gegönnt. Alle möglichen Plastikoberflächen waren angenagt und die Schredder großzügig verteilt. Es stank und sah ziemlich verwüstet aus. Unter der hinteren Sitzbank entdeckten wir später das Rattennest, wo der Farmer dankenswerterweise ein paar Giftwürfel platziert hatte. Um das Nest herum wurden die Kotknörzel langsam immer blauer, die Farbe des Giftes. Dann war das Tier wohl langsam verendet.
Leider sprang der Motor auch nicht gleich an, wir mussten unseren Cruiser also erstmal bis zum Farmhaus abschleppen. Dort konnten wir uns das Problem in Ruhe anschauen, alles auspacken und mit der Innenreinigung beginnen. Super, dass wir einfach so wieder im Farmhaus leben konnten.
Nach ein paar Tagen hatten wir eine neue Lichtmaschine besorgt und eingebaut, jetzt schnurrte das Auto wieder wie eine Katze. Viele andere kleine und größere Arbeiten kamen in den drei Monaten in Australien noch auf uns zu. Da wurde ein komplett neuer Auspuff eingebaut, die Klimaanlage wieder funktionstüchtig gemacht, die Dieselpumpe vollständig überholt und eine andere Stoßstange für die hinzugekommene Winde montiert. Man will ja für das neue Abenteuer gewappnet sein. Einen Satz neuer Reifen besorgten wir mit dem Pick-up von dem anderen Farmer, dort konnten wir die Reifen und neuen Felgen schön auf der Ladefläche verstauen. Bei der Gelegenheit kümmerten wir uns direkt noch um ein paar Kleinteile und verbrachten zwei Nächte in seiner Cabin bei Echuca. Die Gegend hatten wir vorher noch gar nicht erkundet. Auf dem Weg dorthin kamen wir an unserer ersten Arbeitsstelle in Australien vorbei und sagten den Kakteen natürlich kurz hallo, alles wie immer auf der Prickly Pear Farm.
Echuca war an sich ein süßes kleines Städtchen am Murray River, dem zweitlängsten und wasserreichsten Fluss Australiens. Im Sommer geht hier das bunte Treiben ab, Wassersport und Boote ohne Ende. Besonders sind die Raddampfer, die den Fluss im Wild West Style durchkreuzen. Die braune Farbe des Wassers und die schönen locker verteilten Eukalyptusbäume am Ufer vermitteln tatsächlich etwas Western Feeling. Eine lange Reihe von Hausbooten beparkte das Ufer und trotz der Nebensaison waren auch einige Touristen unterwegs.
Zurück im Farmhaus versuchten wir noch die liegen gebliebenen Aufgaben am Auto zu erledigen. Dafür mussten wir uns manchmal ganz schön motivieren, da draußen immer ein kalter Wind pfiff und es ziemlich ungemütlich war. Nebenbei konnten wir noch ein paar Tage arbeiten, nochmal am Band stehen, Gabelstapler fahren und ein Farmer brauchte nur für ein paar Stunden Hilfe beim Kartoffeln ernten. Dies war sein letztes Stück für diese Saison und dementsprechend dankbar war er uns für die Hilfe. Nach dem netten Dankeschön gab es ein bisschen Schokolade, den Lohn und natürlich noch ein paar Kartoffeln zum Mitnehmen.
Was die Verschiffung nach Südamerika anging, tappten wir lange im Dunkeln. Der Agent wollte oder konnte sich bis einen Monat vorher nicht auf einen Preis und ein Datum festlegen, sodass wir ziemlich in der Luft hingen. Dann haben auch noch die anderen Reisenden, mit denen wir uns den Container und somit auch die Kosten teilen wollten, relativ kurzfristig abgesagt. Es war so schwer, jemanden zu finden, der sein Auto von Australien nach Südamerika verschiffen möchte, was für ein Rückschlag. Also fingen wir von vorn an zu suchen und hatten nach ein paar Wochen tatsächlich Glück. Ein Italiener hatte mit seinem Land Rover die gleichen Pläne wie wir und schaute auch gleich mal im Farmhaus vorbei, sodass wir alles zusammen besprechen konnten. Mitte Juli konnten wir dann auch endlich noch die Flüge nach Deutschland buchen und unser ursprünglich nicht eingeplanter Heimaturlaub stand somit fest.
Die letzten Tage in Bungaree waren schon komisch. Wie schade, dass wir uns von unserer zweiten Heimat verabschieden mussten. Aber ohne Abschied gibt es eben auch keinen Neuanfang. Wir genossen nochmal ein Bier an der Feuertonne mit gefühlt allen Einwohnern des Dorfes und verabschiedeten uns vor der Abfahrt von ihnen persönlich. Als wir nach der zu bezahlenden Miete für die 10 Wochen im Farmhaus fragten, schüttelte der Senior nur den Kopf und die Sache war erledigt. Danke für alles, liebe Bungaree-Community!
All unser Hab und Gut war verstaut, alle Leute verabschiedet, wir konnten also los nach Sydney. Von dort wurde der Container auf das Schiff geladen, um über die sieben Weltmeere geschippert zu werden. Zwei Tage brauchten wir bis nach Sydney, eine Nacht verbrachten wir noch dort und trauerten schon unserem lässigen Nomadenleben in diesem wunderbaren Land hinterher. Ob es jemals wieder so schön sein könnte?
Auf dem Gelände, wo die Container fertig gemacht wurden, trafen wir uns mit dem Italiener wieder und bereiteten alles vor. Die Luke im Dach mussten wir umdrehen und zukleben, die Batterien trennen und isolieren, die Gasflasche ausleeren, alles ordentlich verstauen und kleinere Hinterreifen montieren. Diese hatten wir auf der Farm gefunden und brauchten sie extra für die Verschiffung, da unsere Tilly selbst für einen hohen Container eigentlich zu groß ist. Es war sozusagen Milimeterarbeit. Den Containertest hatte Tilly auf der Farm zur Probe erst beim zweiten Mal bestanden, also ließen wir zusätzlich aus den Reifen etwas Luft heraus. So sollte es passen. Dann waren wir fertig und dachten, wir können die Autos gleich in den Container fahren und beim Verzurren zuschauen. Doch leider durften wir das nicht machen und mussten sie auf dem Gelände stehen lassen. Später schickten die Arbeiter uns Fotos von den verstauten Autos zu, wir konnten nur vertrauen, dass alles sicher und fest verzurrt war.
Das Auto war jetzt weg und wir verbrachten noch ein paar tolle Tage in der Stadt, bevor wir uns auf den Weg in die Heimat machten. Wir besuchten nochmal die Sehenswürdigkeiten, spazierten an der Küste entlang und genossen den guten Kaffee.
Der Weg nach Hause war lang, aber nicht sonderlich beschwerlich. Die Wochen in Deutschland fanden wir sehr schön, der warme Sommer hat sein Übriges dazu getan, einfach zum Genießen. Wir konnten so viele von euch persönlich treffen und viel Zeit miteinander verbringen. Es standen Ausflüge, Radtouren, Paddeltouren, Joggingrunden, Familienfeiern, Kaffeekränzchen, Grill- und Spieleabende an und immer wenn es ging, sind wir irgendwo ins kühle Nass gesprungen und haben das schöne Wetter genutzt. Danke nochmal für all die offenen Türen, die Gastfreundschaft, die guten Gespräche, das leckere Essen und die schönen Tage zusammen.
Diesmal ist uns der Abschied von zu Hause ziemlich schwer gefallen. Vielleicht ist auch langsam unser Reisedurst etwas gestillt, denn es hat schon ein bisschen an Überwindung gekostet, sich erneut von zu Hause zu verabschieden und die Kraft und den Mut für ein neues Abenteuer aufzubringen. Doch wissen wir auch, dass, wenn es einmal losgeht, alles wieder Spass machen wird und wir immer noch viel Freude am Welt entdecken und Abenteuer erleben haben werden.
Nächster Stop: Südamerika!
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
„Wird es nochmal so schön werden (wie in Australien)?“ Bestimmt! Ich wünsche es euch!
Danke dir, sehr lieb ❤️