Hoch hinaus – Wandern am Mount Cook
Manchmal denkt man, im Inneren eines Landes gäbe es nicht viel zu entdecken – keine Küsten, keine Strände… doch in Neuseeland scheint uns das Landesinnere oft extra spannend zu sein. Wir waren auf dem Weg von der Westküste in die Berg- und Seenwelt der Südinsel. Als wir den ersten der vielen großen Seen erspähten, konnten wir nicht glauben, wie blau das Wasser ist. Wir schlängelten uns mit unserem Freddy durch die Kurven und entdeckten nach jeder Wende wieder neue Ausblicke auf diese Naturschönheit. Uns erschien die Farbe schon fast künstlich erzeugt worden zu sein, so unglaublich blau und türkis schimmerten die Wasser unter den Strahlen der Sonne und dem Spiel der Wolken. Umrahmt wurde das Ganze von einem vorwiegend blauen Himmel und braun-grauen Bergen. Schon suchten wir nach einem Parkplatz mit schöner Aussicht und wurden auch bald fündig, wir hatten nämlich noch nicht gefrühstückt. Heute war Sven mit Pancakes machen dran und kredenzte nach einer Weile einen ganz vorzüglichen Stapel der Leckereien. Und dann der Ausblick, unbezahlbar. Als später noch ein feiner Regenbogen dazukam, hatte die Natur mal wieder ihre in sich liegende Schönheit vollends zur Schau gestellt.
Am Lake Hawea entlang ging es weiter bis nach Wanaka und von dort über den Lindis Pass mit seinen braunen dichten Hügeln zu einem weiteren See, dem Lake Pukaki. Bei Sonnenschein war dieser in seinem Blau sogar noch intensiver als die vorherigen Seen. Das war aber nicht das einzige Highlight hier, denn schon vom Freecamp aus hatten wir super Sicht auf die Aoraki Bergregion, wo insgesamt 19 Berge mit über 3000 Metern Höhe zu finden sind. Einer von ihnen ist als höchster Berg Neuseelands besonders bekannt, der Mount Cook. Mit seinen 3724 Metern war er auch aus der Ferne schon eine mächtige Erscheinung und trotz des Sommerwetters ganz in weiß gekleidet. Die letzten Sonnenstrahlen tünchten die Bergwelt nochmal in ein zartes Rosa. So konnten die Tage gern zu Ende gehen. Am nächsten Morgen mussten wir fit sein, denn die Wanderschuhe riefen schon nach uns.
Neuer Morgen, neuer Start. Nach unserem Standardfrühstück, der Müslischale und duftendem Kaffee, statteten wir erstmal dem Besucherzentrum des Nationalparks einen Besuch ab. Dort erhielt man meistens die besten Informationen auf einen Blick. Wir wägten verschiedene Wanderrouten und Berghütten ab und entschieden uns zunächst für die Sefton Bivy – Wanderung. Die Tour zu der ältesten Hütte des Nationalparks sollte steil und anstrengend sein, eine ordentliche Herausforderung also. Solang wir mit einem richtig guten Ausblick belohnt wurden, nahmen wir gern die Anstrengungen auf uns. Damit sich der Weg trotzdem noch ein bisschen mehr lohnen würde, packten wir auch unser Zelt, die Isomatten, Schlafsäcke, den Kocher, Wasser und genügend Essen ein, um eine Nacht auf dem Berg verbringen zu können. Zwar mussten wir dann viel mehr schleppen, doch die Stimmung zum Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ist immer so schön, dass wir uns das nicht entgehen lassen wollten. Also ging es nach dem aufwändigen Rucksack packen endlich los. Vom Tal aus sahen wir schon die ersten dicken Gletscher, ein wunderschönes Bild. Zunächst folgten wir dem Hooker Valley Track, der zum Gletschersee Hooker Lake führte. Nach der zweiten Hängebrücke bogen wir dann vom Hauptweg ab und begaben uns in wilderes Terrain. Der Touristenstrom ebbte urplötzlich ab. Jetzt gab es keine Markierungen und ausgetretenen Pfade mehr, vielmehr mussten wir uns den Weg selbst suchen und konnten uns nur anhand einiger rot markierten Pfeiler orientieren. Von dichtem Tussock-Gras ging es durch das Flussbett entlang und schließlich über grobes Gestein den Berg hinauf. Wir mussten viel Klettern, uns am Abhang entlang schlängeln und die schweren Rucksäcke mit jedem Schritt hinauf stemmen. Der Weg nach oben dauerte zweieinhalb Stunden, die wir teils atemlos, aber erfüllt vor Freude bei dieser wunderbaren uns umgebenden Natur verbrachten. Es war einfach schön, mit der Sonne am Himmel durch dieses herrliche Fleckchen Erde zu wandern und die 915 Höhenmeter als einziges Ziel für diesen Tag zu haben. Auf 1650 Metern Höhe fanden wir schließlich die kleine rote Hütte vor einem imposanten Gletscher und inmitten der tollen Bergwelt. Das Tal mit dem langen Fluss, den Gletscherseen und schroffen Bergen breitete sich vor uns aus. Endlich hatten wir es nach oben geschafft. Die süße Hütte war schon belegt, aber damit hatten wir ja gerechnet. Jetzt mussten wir nur noch ein schönes Fleckchen für das Zelt finden und unsere Fertignudeln kochen. Am besten nicht direkt neben dem lustigen Außenklo.
Auch die neugierigen Keas kamen uns am Abend noch besuchen. Die vom Aussterben bedrohten Bergpapageien sind nur in den Hochgebirgen Neuseelands zu finden und mit ihrem bunten Federkleid wunderschön anzuschauen.
Der Sonnenaufgang war diesmal schöner, als der Sonnenuntergang. Wir hatten nicht so gut geschlafen, obwohl eigentlich alles recht gemütlich war. Vielleicht war der rauschende Fluss zu laut oder die seltenen Eisabbrüche der umliegenden Gletscher zu furchteinflößend. Jedenfalls waren wir zur Zeit der aufgehenden Sonne sowieso schon wach und sogen die Stimmung des Sonnenaufgangs in uns ein. Leise zog sich die Dämmerung zurück und gab den Weg für das erste Licht des Tages frei. Die gepuderzuckerten Berge hinter uns bekamen die ersten rosa Schleier ab, das Lichtspiel veränderte sich in jeder Minute. Wir versuchten, das Geschehen aus jedem Blickwinkel einzufangen und entdeckten immer wieder neue schöne Details. Dann hatten wir die ersten Strahlen im Gesicht und spürten direkt die Wärme, die mit der Sonne kam. Was für ein Morgen!
Es wurde Zeit, unser Porridge zu kochen. Auf so einer Wanderung sind warme Mahlzeiten ein wahres Glück. Auf einem Stein hockend löffelten wir den heißen süßen Brei direkt aus dem Topf, Aufwasch sparen. Am Blick ins Tal konnten wir uns nicht satt sehen. Mittlerweile stand die Sonne schon recht hoch, sodass wir wieder in unsere kurzen Klamotten schlüpften und all unsere Utensilien zurück in die Rucksäcke packten. Der Weg runter war fast schlimmer, als der Weg nach oben. Schritt für Schritt arbeiteten wir uns nach unten vor und kamen endlich wieder am Hauptweg an. Den gingen wir dann noch bis nach hinten zum See. Die vom Hooker Gletscher abgebrochenen Eisschollen waren ein ziemlich einzigartiges und eindrückliches Bild.
Neuseeland ist wunderschön zum Wandern! Trotz vieler Blasen an den Füßen und verkrampften Schultern werden wir diese Tour noch sehr lange in guter Erinnerung behalten. Und es wird wohl nicht das letzte Wandererlebnis für uns gewesen sein, soviel ist schon mal sicher.
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
- Deborah bei Wilde Weiten auf Rädern und zu Fuß
- Mutti Angela bei Wilde Weiten auf Rädern und zu Fuß
- Samuel bei Argentiniens Küste runter
- Deborah bei Südamerika, wir kommen!
- Deborah bei Eine Runde Uruguay gefällig?